besser für Münster
 

Ortsverein Hansa-Hafen der SPD Münster

Impressum

     

Bernie Beermann - der rote Schuster von Klein-Muffi

Ich lebe für meine Stadt und meine Zeit.
Diese Worte von Albert Camus waren das Lebensmotto von Berni Beermann, dem sozialdemokratischen Ur-Gestein aus dem Ostviertel hinter dem Bahnhof. Hier spielte sich für ihn das wahre Leben ab und nicht „auf der Rückseite des Bahnhofs bei den Pfeffersäcken am Prinzipalmarkt“. Am 24. Dezember 2002 ist Berni Beermann im Alter von 70 Jahren verstorben.

Es fällt schwer den Menschen und Politiker Berni Beermann in wenigen Zeilen zu beschreiben. Selbst äußerlich schwer gezeichnet durch eine fast lebenslange Krankheit und im ständigen Kampf um die eigene wirtschaftliche Existenz, hat er durch unermüdlichen Einsatz als „aktiver Humanist“ für seine politische Überzeugung gekämpft und im Stillen geholfen, wo es oft dringend nötig war.


An Bernis 60. Geburtstag am 18.7.1992 erschien in den Westfälischen Nachrichten ein Artikel „mitten aus dem Leben“, der noch bis zum Ende seine Gültigkeit behalten hat.

Menschen in Münster

„Unruhegeist“ in der Schuhmacher-Stube –

Bernhard Beermann heute 60 Jahre alt

Von Robert Vornholt

Während er in der linken Hand einen Stiefel hält, in dessen Sohle ein breites Loch klafft, kramt er mit der rechten im Ablage-Regal, fischt gezielt das SPD-Grundsatzprogramm hervor. Ein kurzes Blättern, dann hat Bernhard Beermann die gewünschte Stelle gefunden. „Veränderung ist eine ständige Aufgabe“, zitiert der Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Hansa-Hafen und stellvertretende Fraktionschef in der Bezirksvertretung Münster-Mitte sinngemäß. Daß das Wort „ständig“ in die Leitlinien der Partei eingeflossen ist, dafür hat Berni Beermann gesorgt — und darauf ist er stolz. „Bewegung“ — das ist seine Sache. Wenn er heute (18. Juli) seinen 60. Geburtstag feiert, kann sich jeder sicher sein, daß er seiner Linie treu bleibt: „Ich gehöre zu den Unruhegeistern in der Partei. Und das bleibt so. Ich bin stets ungehorsam gewesen und mag keine Leute mit eingebauten Kompromissen.“

Plötzlich erscheint ein Lächeln in seinem Gesicht. Allein der Gedanke an die „68er“ macht dem Schuhmachermeister Spaß. Wenn er die Zeit der Studentenrevolten in Worte faßt, gerät er geradezu ins Schwärmen: „Das war was. Das hat mich geprägt. Die verstaubte Adenauer-Ära war damit vorüber“, sagt der 6ojährige. Er nutzt den Ausflug in die Vergangenheit, die auch seine Geschichte ist, um den Gesamtzustand der Partei zu charakterisieren: „Der fehlt ein echter 68er.“

Hinter seinen Arbeitstisch geklemmt, sitzt der dienstälteste Ortsvereinsvorsitzende Münsters in seiner Schuhmacherwerkstatt an der Alkuinstraße im Herzen des Hansaviertels. Links neben sich die alte Singer-Nähmaschine, rechts im Regal Partei-Unterlagen und alles vom Charme einer alten Handwerksstube überzogen -‚ das ist die Welt des Geburtstagskindes: Arbeitsstätte und Mini-Parteizentrale zugleich. Ein leicht beißender Klebstoff-Geruch empfängt die Besucher, die Tür steht jedem offen. Und das nicht nur den Kunden.

Von seinem Vater hat Bernhard Beermann nicht nur den Vorna-men, den Beruf, sondern auch die Gesinnung „geerbt“. „Er war Zen-trums-Mann. Aber ein linker. Nach dem Krieg war er auch „braver“ Sozialdemokrat. Ich bin entsprechend christlich und antinazistisch erzogen worden.“ Die Erlebnisse des Krieges — Beermann, am 18. Juli 1932 geboren, erlebte diese Zeit als Kind — beeindruckten ihn nachhaltig, ließen ihn zum Pazifisten werden. „Ich war schon Anhänger der Friedensbewegung, als es die offiziell noch gar nicht gab.“

Der 6ojährige, der nicht zu einer weiterführenden Schule geschickt wurde, weil er dort nazistischem Gedankengut ausgesetzt gewesen wäre, besuchte die Overbergschule, trat im Frühjahr 1948 in die Werkstatt seines Vaters („Seitdem sitze ich hier.“) ein, die heute seine ist, legte 1965 die Meisterprüfung ab. Sein Leben hat er nie einer beruflichen Karriere, sondern der Partei gewidmet. „Das ist mein Leben.“ Anstoß, der SPD beizutreten, war der Ausgang der Bundestagswahl 1965: „Da habe ich festgestellt, daß SPD wählen allein nicht ausreicht.“

Vom einfachen Mitglied stieg er schnell zum stellvertretenden Ortsvereinsvorsitzenden des ehemaligen Ortsvereins Mauritz-Hafen auf, der bei der Partei-Neugliederung in den Bereich Hansa-Hafen umfirmiert wurde. Seit der Umstrukturierung — seit 17 Jahren also — ist Beermann Vorsitzender und möchte (und wird) es auch bleiben. Die Selbstdisziplin, mit der er sein Amt ausführt, überträgt er auch auf „seine“ Mitglieder. „Du mußt“ ist da keine ungewöhnliche Formulierung. „Das kann ich nur deshalb machen, weil ich so lange dabei bin und mich selbst auch nicht schone.“ Daß der Schuhmachermeister dabei zum „Kaderschmied“ wurde, überrascht nicht. Sein prominentester Zögling ist übrigens Hamburgs Umweltsenator Fritz Vahrenholt. Die Wandlung der SPD von der Arbeiter- zur Volkspartei, die stark von Intellektuellen geprägt wird, begrüßt der Ortsvereinsvorsitzende. „Damit komme ich bestens zurecht.

Von dieser Seite bekomme ich die meiste Unterstützung. Denn ich bin doch kein Vorzeigearbeiter.“Was sicher mit seiner Freizeitbeschäftigung zu tun hat: Klassische Musik — „besonders Tschaikowski / Beethoven“ — und moderne Schriftsteller faszinieren ihn, Albert Camus „Belagerungszustand“ hat er schon zigmal gelesen.„Man muß die Pflöcke da einschlagen, wo noch kein Gras wächst“, empfiehlt der 60jährige den Jungsozialisten, die er gern etwas aggressiver hätte, denn „Streit im positiven Sinne ist fruchtbar“. „Zuverlässig, ehrlich und besonders bevölkerungsnah“ muß ein guter Sozialdemokrat sein, meint Beermann. Sein Ziel war es immer, die Gesellschaft abseits jeglichen Dogmatismus“ gerechter zu gestalten.Nach seinem innigsten Wunsch gefragt, grinst der Schuhmachermeister verschmitzt und sagt: „Wenn die CDU in Münster in der Opposition wäre und ihre Hausarbeiten machen müßte — das wäre etwas sehr Schönes.“

Robert Vornholt arbeitet heute beim Westfälischen Anzeiger in Hamm
Rudolf Steingrube ist Mitglied im Ortsverein Münster-Hansa-Hafen

Nachtrag: Berni durfte die Umsetzung mancher Visionen noch erleben. Er hat sie weiter immer kritisch begleitet. Bis zu seinem Tod war er Mitglied in der Bezirksvertretung Münster-Mitte. In seinem Ortsverein Hansa-Hafen und seinem Viertel werden noch so manche Anekdoten über ihn erzählt, sei es auf Platt, in Masematte oder auf Hochdeutsch, und so manches Pils wird zu seinem Andenken getrunken.

zurück